Montag, 26. Oktober 2009

Warum wir nicht wie die Seepferdchen funktionieren

"Gell, Mädchen werden später mal Frauen und Buben werden mal Männer?"
"Ja genau."
"Und...Frauen bringen Mädchen zur Welt. Und Männer bringen Buben auf die Welt. Gell?"
"Nee. Frauen bringen Mädchen UND Buben auf die Welt. Männer können keine Kinder auf die Welt bringen."
"Aber das versteh ich nicht! Wieso bringen Frauen auch Buben zur Welt? Das geht doch nicht."

Wie kann jemand auf die Idee kommen, dass Frauen nur Mädchen zu Welt bringen können? Ganz einfach: Die Person, die diese interessanten Fragen gestellt hat, ist gerade mal vierjährig und nimmt die Dinge nicht, wie sie ihm erklärt werden. Obwohl ihm seine Eltern schon erzählt haben, wie das so funktioniert zwischen Mann und Frau, verfügt er noch über zu wenig biologisches Wissen, um die Schwangerschaft eines Mannes auszuschliessen. Auch schliesst er aus der Tatsache, dass er schon einige Frauen mit runden Bäuchen, aber noch keinen einzigen schwangeren Mann gesehen hat, nicht automatisch, dass dies keine Option ist. Dies ist eine beruhigende Nachricht, wenn man bedenkt, dass die momentane Krise auf der Negierung von etwas noch nie gesehenem beruht.

Während dieses Gesprächs erinnerte ich mich amüsiert an eine Szene aus Scrubs: Die halbe Station spielt im Lotto mit und träumt sich aus, was sie mit dem Geld anstellen könnten. Man sieht Carla und Dr. Reid. Reid: "Ich kann es nicht fassen, dass du Mutter wirst!". Carla: "Naja die Schwangerschaft hat mich zwar 10'000 Dollar gekostet...aber das wars wert!" Die Kamera schwenkt auf einen hochschwangeren Turk.

Beim Thema Schwangerschaft harzt die Gleichberechtigung noch heute. Und das wird sie auch in Zukunft. Ungleichheiten bei Arbeits- und Lohnverhältnissen, Politischen Chancen etc. können möglicherweise irgendwann behoben werden. Dass aber ein Mann sich nie als Nährboden für neues Leben fühlen darf, dass er während einer (natürlichen) Geburt, nicht die Möglichkeit hat, mit dem Kind Hormone auszutauschen, die das Kind an ihn binden und dass es noch einige ähnliche Ungerechtigkeiten gibt, die der Unterschied der Geschlechter so bietet, das kann nicht geändert werden. Ungerecht ist es aber nicht. Denn dem Mann werden somit auch einige Dinge erspart, wie man weiss.
Glaubt man Ethnologen und Historikern, so hatte der Mann früher (ganz früher) noch eine sehr viel unbedeutendere Rolle, was das Kinderkriegen anbelangt: Seine Position als Vater wurde als dermassen unwichtig angesehen, dass niemand wusste, wer wessen Vater ist. Es gab die Mütter und es gab die Männer. Die Männer nahmen zwar eine behütende Funktion über die ganze Sippe, wurden aber nicht speziell als Väter bestimmter Kinder angesehen. Ob sich diese Rolle aus Gesellschaftsorganisatorischen Gründen verändert hat oder ob die Veränderung mit der reinen Neugier des Menschen zu tun hat, der wissen will, woher er kommt, habe ich bis anhin noch nicht herausgefunden.



Und trotz all dieser netten Infos und Spekulationen kann ich einem kleinen Knirps nicht den wirklichen Grund nennen, weshalb wir nicht alle diese Funktion einnehmen können, etwa so wie die Seepferdchen. Vielleicht sollte ich ihm Platons Theorie erläutern, die besagt, dass wir Menschen früher sozusagen immer im Doppel existierten. Ganz einfach und bildlich erklärt: Ein Mann und eine Frau kleben Rücken an Rücken. So waren sie schlecht angreifbar und konnten sich problemlos mit sich selbst fortpflanzen. (Es soll mich bitte niemand fragen, wie das rein physisch, Rücken an Rücken funktionieren soll.) Mit der Zeit wurden die Götter eifersüchtig auf die Menschen und ihre Fähigkeiten und sie spalteten die Geschöpfe in der Mitte entzwei. Seither ist der Mensch orientierungslos und stets auf der Suche nach seinem Partner. Liebe ist nach dieser Theorie die Liebe zu sich selbst (oder seiner anderen Hälfte) und Sex dann die annähernde Wiedervereinigung.
Angenehmerweise würde diese Theorie tatsächlich einige Fragen des Lebens beantworten und dem kleinen Knirps wäre vorerst geholfen. Ich hütete mich aber davon, ihm solche Weisheiten unter die Nase zu reiben, denn wie ich ihn kenne würder er sie überzeugt seinen Freunden in der KiTa weitererzählen. Und später dann im Kindergarten würde er wohl für verrückt erklärt und Opfer einer engagierten Schulpsychologin.

2 Kommentare:

  1. Etwas Besserwisserisches zur Platon-Geschichte (die so zu einem heterosexuellen Märchen verkommt): Ein Drittel der Kugeln waren rein männlich, ein Drittel rein weiblich und ein Drittel androgyn… 
    http://de.wikipedia.org/wiki/Kugelmenschen_bei_Platon
    Der Eintrag hat mich aber sehr amüsiert, freue mich auf Fragen von Vierjährigen… 

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  2. Danke für die Korrektur! Ich war bisher zu faul, die Geschichte in echt nachzulesen und hab sie so platt formuliert übernommen, wie ich sie in einem platten Roman gelesen hatte. Nicht sehr geschickt, aber passend zu den kindlichen Fragen :D

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