Dienstag, 28. Juli 2009

Ist unsere Zeit schon vorbei? II

Weitere Beobachtungen zu dieser Generation: Uns fehlt eine Bewegung.

Gestern Abend, nach dem Blogeintrag noch eine Doku über die Entstehung des Internets gesehen und es als eines der neuen Weltwunder betrachtet. Danach rumgezappt und dabei einen Videoclip von Royksopp auf MTV angesehen. Habe dann erfreut zusammengefasst, dass es zwar im Grossen und Ganzen einen schönen (mehr oder weniger) neuen Musikstil gibt (Daft Punk, MGMT, MSTRKRFT, Justice, Calvin Harris, um die prominentesten zu nennen) und ausgerufen, dass es aber weder politische noch musikalische noch modische Bewegungen gibt, mit denen man sich identifizieren könnte. In meinen Augen gehören alle drei Elemente zu einer richtigen Bewegung. Sie dienen der Identifikation und der Zukunftsplanung.

Die letzte richtige Bewegung kenn ich nur aus dem Fotoalbum meiner Eltern: Punkiger Look, punkige Musik und absolut rebellische Einstellung gegenüber Politik und Elternhaus.

Danach kam die Trance-Zeit in den neunziger Jahren, die ich nicht miterlebte, aber in meinen ersten Bravohit-CDs noch schwach nachspürte. In den Neunzigern ging allerdings schon alles bachabwärts was Bewegungen anbelangt: Trance beinhaltete keine Texte und somit auch keine andere Botschaft als "tanz/dröhn dich weg" und das vorhin von mir so hoch gelobte Internet kam langsam unter die Leute. Der Weg zur Anonymität war somit geebnet. Zu meiner Zeit der Orientierungslosigkeit gab es an neuen Gruppierungen die Skaters und die Hip-Hoppers. Wobei die erste keine politische Haltung war und es irgendwie faul war, wenn man zu den Skaters gehörte ohne Skaten zu können (sprich, 90 % aller Skatergirls, die mit Wuschelfrisuren und Baggyjeans den Jungs beim Skaten zuschauten). Die zweite dieser Bewegungen war hierzulande nie eine richtige Bewegung sondern nur eine Kopie aus den USA - uns fehlten die Bronx und die Farbigen. Die restlichen Gruppen, denen man in meinen jüngeren Zeiten angehören konnte waren sozusagen Wiederholungsprogramm: Hippies, Punks, Anarchisten und natürlich die Streber, die gab es schon immer.

Und in Zukunft? Eine Bewegung des vorhin erwähnten Musikstils kann ich mir nicht vorstellen. Erstens beinhaltet auch dieser Musikstil keine Eindeutige Botschaft und zweitens ist die Zielgruppe eine Spur älter als die, die in ihrer orientierungslosesten Phase des Lebens steckt. Diese zweite Gruppe hängt auf MTV rum, vermarktet sich auf Myspace und Facebook (nicht nur sie) und interessiert sich nicht für Politik, da doch im Grunde alles in Ordnung zu sein scheint. Eine Bewegung um Rihanna und Co. kann ich mir höchstens in billigen Klamottenläden wie Zebra und Tally Weijl vorstellen.

Schuld ist das Internet. Denn man trifft Gleichgesinnte nicht mehr im CD-Laden, da man seine Musik online runterlädt. Schuld ist auch der Computer, denn es gibt genügend Games in denen man sich austoben kann und Erfolgsgefühle verspüren kann, so dass das man froh ist, wenn im Alltag alles möglichst normal ist.

4 Kommentare:

  1. Vielleicht ist heute tatsächlich alles im Radius der realistischen Wirkkraftweite des Einzelnen in Ordnung.

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  2. Wer sagt, welche Grösse dieser Radius hat? Vielleicht spannen wir ihn zu klein...

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  3. Und die Emos? Sind die keine Bewegung? Nur ein nicht ganz so tiefgründiger Abklatsch der Gothics? Aber sie haben immerhin einen eigenen Musikstil, eine spezielle Frisur und eine neue Lebensphilosophie.
    Nur ist diese Bewegung weder Begeisterungs- noch Mehrheitsfähig. Dafür sind sie im Netz aktiv und auch die Games lassen sich damit vereinbaren.

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  4. Wollen sie irgendetwas verändern, ausser dass sich zukünftig alle Menschen öfter umarmen und beweinen sollen? Hier in der Schweiz sehe ich wirklich nur selten Emos. In Südamerika z.B. hat diese Bewegung viel mehr Erfolg gehabt.

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